In einer Großstadt lassen sich vielfältige Lebensentwürfe und -räume verwirklichen. Seit einigen Jahren ist klar: Davon profitieren nicht nur die Menschen, sondern auch Pflanzen und Tiere. Wie wohl sie sich in Städten fühlen, zeigen einige Beispiele: Im Stuttgarter Rosensteinpark und im Schlossgarten leben derzeit im Schnitt rund viermal so viele Feldhasen wie auf einem Feld in freier Wildbahn. In der Mainzer Innenstadt lassen sich rund 70 laut Roter Liste bedrohte Tierarten zählen. Und in der Hauptstadt Berlin tummeln sich neben 3,5 Millionen Menschen mehr als 50 verschiedene Säugetier- und rund 180 Vogelarten. Sie leben in Parks, Gärten, auf Balkonen, in Kirchtürmen, auf Brachflächen und sogar in Schulhöfen.
Von den Stadtfüchsen haben die meisten schon gehört, ebenso von marodierenden Wildschweinen in Außenbezirken, aber dass auch Waschbären, Fledermäuse, Schleiereulen und Turmfalken in der Stadt leben, wissen wohl eher wenige. Nicht zu vergessen: die seltenen Insektenarten, wie zum Beispiel der laut Roter Liste stark gefährdete Eremit, auch Juchtenkäfer genannt, der durch Stuttgart 21 zu etwas Ruhm gelangte.
Wo sich der Lebensraum von Mensch und Natur berührt oder überschneidet, kann es zu Unstimmigkeiten kommen. Nicht nur bei großen Bauprojekten, sondern immer, wenn Wildschweine Blumenbeete verwüsten, Waschbären Mülltonnen auseinandernehmen oder Steinmarder frühmorgens über den Dachboden toben oder Bremsleitungen anknabbern. Dann wünschen sich die Betroffenen die Natur wieder weit raus aus der Stadt.
Damit es mit den neuen Nachbarn trotzdem klappt, sind Naturschützer in Aktion. Sie bieten Wildtierexkursionen mitten in der City, Workshops zum gemeinsamen Bau von Nistkästen, Anleitungen zur Ansaat von Blumenwiesen oder Imkerschulungen für eigenen Honig aus der Stadt. Ihr Ziel: noch mehr seltene Natur in die Städte zu locken, aber auch Kenntnisse zu vermitteln und Verständnis zu wecken.
c: Wann kommen Klima-Ingenieure ins Spiel?
PJ: Wir werden meist ab Gebäudegrößen von 1.000 Quadratmetern Fläche tätig. Bei kleineren Projekten hängt es von der Motivation der Bauherren ab. Bei einem Unternehmen, das etwa ökologische Schwimmteiche baut, verlangt schon die Firmenphilosophie, dass die neue Hauptvertriebstelle auch baulich diesem Anspruch entspricht. Seit der Jahrtausendwende wird der Ökologiebegriff differenzierter und ganzheitlich betrachtet. Ökologie und Ökonomie gehen gemeinsame Wege. Auf lange Sicht tragen sich auch größere Investitionskosten. Es hat sich herumgesprochen, dass energieeffiziente Gebäude qualitativ und sogar wirtschaftlich überlegen sind. Daher der Wunsch nach einem DGNB-Siegel. Silber erfüllt etwas mehr als die gesetzlichen Vorgaben. Herausragend ist Platin. Für das Siegel müssen aber über 40 Steckbriefe mit jeweils zig Kriterien eingereicht werden, da die Gesamtperformance eines Bauwerks betrachtet wird. All dies erfordert den Einsatz komplexer Simulationsprogramme. Da sind Architekten erleichtert, wenn der Klima-Ingenieur unterstützend die Berechnungen liefert.
c: Sind wir Vorreiter in Sachen Energieeinsparung?
PJ: Dass Deutschland so herausragend sei, ist nur eine gefühlte Wahrheit. Auf europäischer Ebene ist man genauso streng, fast noch strenger. Niederlande, Luxemburg, Skandinavien haben mindestens genau so hohe Vorgaben. Energieeinsparung kommt durch gute Bauphysik, gute Fenster. Es gilt, nur das Notwendige zu bauen, überflüssige Technik zu vermeiden. Den Einsatz von mechanischer Lüftung, also kontrollierte Be- und Entlüftung, auch in Schulen, Schwimmbädern und Wohnbauten, halte ich allerdings für unabdingbar. Ich bin ein Freund der frischen Luft, dennoch muss ein Gebäude die Dienstleistung erbringen, dass es Luftschadstoffe kontrollieren kann. Nebenbei gesagt hat der Energieträger Strom, seit dem Ausbau der erneuerbaren Energien, höhere Bedeutung gewonnen, so dass wir jetzt auch Wärmepumpen favorisieren, die wir früher noch kritisch betrachtet haben.
Herausforderung Energiewende
Als Patrick Jung in den 1990er Jahren ein Ingenieurbüro gründete, wollte er seine Vision vom innovativen Bauen umsetzen. Der Begriff Nachhaltigkeit war noch unverbraucht, die Herausforderung umso größer. Heute entwickelt das Büro IPJ in Köln und Wien Gebäude im energetischen Gleichgewicht und trägt auf diese Weise zur Energiewende bei. Schon während Jungs Studienzeit wurden große Klimaanlagen kritisiert, fürchtete man das Sick-Building-Syndrom, sah die Überdimensionierung von Technik. Doch während damals Pioniere Klima-Engineering noch aus persönlicher Motivation betrieben, um die Vergeudung von Ressourcen zu vermeiden, ist eine Fußbodenheizung heute längst bis ins Eigenheim verbreitet. Bei Bauvorhaben wie der klimaneutralen Plusenergie-Kindertagesstätte der Bayer Crop Science in Monheim, zeigt Jung mit Maßnahmen der Gebäude-, Strömungs- und Tageslichtsimulation auf, wo Wärmeverluste und -gewinne verzeichnet werden können.

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© Ingenieurbüro P. JungMit solchen Verfahren werden inzwischen die Auswirkungen eines Planungskonzepts auf den Teststand gestellt und entsprechend intelligente Engineering-Konzepte entwickelt, die sich etwa die Vorzüge des hohen Wärmespeichervermögens und der gut nutzbaren Wärmeleitfähigkeit von Beton zunutze machen. „Vor allem Betondecken schaffen als großer Heiz- und Kühlkörper ein ausgeglichenes und behagliches Raumklima, wie es etwa auch die Gründerzeitbauten aufgrund ihrer großen Masse haben“, erläutert Jung. Da die Wärmedämmfähigkeit aller Bauteile heute dreimal so hoch wie früher ist, kühlen die Häuser nachts nicht mehr ab. Daher sieht Jung die Stärken der Betonkernaktivierung vor allem in der Kühlung und ausgleichenden Klimatisierung moderner Bauten. Jedes vierte Projekt seines Büros kommt ausschließlich mit regenerativer Energie aus. Für Patrick Jung liegt die Herausforderung darin, in den verbleibenden 15 Jahren seines Berufslebens zu erreichen, dass dies bei jedem gelinge.
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